Freiheit im Dienst des Prozesses: Hybride Arbeit als Frage unternehmerischer Gesamtverantwortung
„Warum Obergrenzen für mobiles Arbeiten oft ihr Ziel verfehlen“ (Handelsblatt), „Deutsche-Bank-Beschäftigte kritisieren strengere Homeoffice-Regeln“ (Spiegel -Online), „Pflicht-Rückkehr ins Büro als Kündigungsgrund?“ (tagesschau.de). In den letzten Wochen überschlagen sich die Beiträge über das Für und Wider hybrider Arbeitsmodelle; viele Unternehmen habe sich zu einer Kehrtwende entschieden, was den allzu selbstbestimmten Umgang mit mobilen Arbeitsweisen der Mitarbeitenden angeht.
Ein Fachbeitrag von Alexandra Saisnith, Head of Workplace Strategy
Hybrides Arbeiten, die “zeit- und ortsunabhängige Form der Arbeit, bei der die Arbeitnehmer:innen nicht mehr jeden Tag im Office verbringen, sondern zu Teilen im Büro und außerhalb des Büros arbeiten”, treibt Beschäftigte und Arbeitgeber: innen gleichermaßen um. Es ist aus der Arbeitswelt nicht mehr wegzudenken, zu groß ist der lebenspraktische Freiraum, den die technischen Möglichkeiten eröffnen und den Arbeitnehmer:innen spätestens unter dem Druck der Pandemie schätzen lernen durften. Gleichzeitig müssen Organisationen ihre Arbeitskultur modernisieren, um im Kampf um neue Talente zu bestehen. Laut einer Anfang 2024 im Auftrag des Digitalverbands Bitkom durchgeführten Umfrage sehen 86 Prozent der Unternehmen die Notwendigkeit, attraktiver für junge Bewerber: innen zu werden. Drei Viertel glauben sogar, dass Unternehmen ohne Anpassung an New Work im Wettbewerb nicht überleben können.
Doch das hybride Arbeiten stellt alle Beteiligten vor große Herausforderungen, eine gute Technik allein reicht nicht, leerstehende Büros und der Verlust von Unternehmenskultur und Teamspirit sind zusätzliche Aspekte.
Unternehmen sammeln heute die Erfahrungen von morgen
Genau zu verstehen, was „hybrides Arbeiten“ im Einzelfall bedeutet und wo für Organisationen Probleme auftauchen, ist zentral. Denn wir alle betreten Neuland und erleben uns als Spielfiguren auf dem Experimentierfeld für die gegenwärtige und die zukünftige Arbeitswelt. Um die Möglichkeiten, Grenzen und Regeln dieses neuen (Zusammen-)Spiels auszuloten, ist eine gemeinsame Basis unerlässlich.
Hybrides Arbeiten – so gängig der Begriff, so vielfältig seine Ausprägungen. „Office First“ oder „Remote First“? Teilflexibel oder vollflexibel? Welche individuelle Dynamik ergibt sich aus den neuen Dimensionen von „Arbeitsraum“ und „Arbeitszeit“? Klar ist: Räumen Organisationen den Mitarbeiter:innen mehr zeitliche und räumliche Autonomie ein, hat das Auswirkungen auf die Unternehmens- und Führungskultur und zieht notwendige Veränderungen nach sich. Denn die Freiheit des einen bedingt stets die Einschränkung der Freiheit des anderen. Es ist auf vielen Ebenen ein Balance-Akt, der gelingen muss.
Es geht nicht ohne Disziplin und Verantwortung
Das führt uns das hybride Arbeiten vor allem dann vor Augen, wenn mehrere Menschen kollaborativ an Ergebnissen arbeiten. Die Herausforderung besteht darin, den gemeinsamen Austausch nicht nur zu bewältigen, sondern im „Dienst des Prozesses“ das Bestmögliche aus jedem Format herauszuholen.
Daraus ergibt sich zusätzliche Verantwortung für das Unternehmen im Ganzen – und zugleich für jeden einzelnen Beschäftigten. Damit hybrides Arbeiten gelingen kann, muss es als Gesamtverantwortung begriffen werden. Es geht nicht darum, entweder die Autonomie der Mitarbeiter: innen oder das Führungsverständnis in Frage zu stellen. Es geht um die Arbeitsinhalte.
Hybride Arbeit: Der Inhalt bestimmt das Format
Hybridität setzt den Gedanken des tätigkeitsbasierten Arbeitens damit konsequent fort. Es gibt Tätigkeiten, die lassen sich nur im Büro umsetzen. Und es gibt Termine, für die ist Präsenz unerlässlich. Das gilt im Besonderen für (noch) fragile oder instabile Teams und Inhalte. Je vertrauter die Menschen, je klarer die Agenda und je fortgeschrittener die Prozesse, desto erfolgreicher lässt sich hybrid zusammenarbeiten. In jedem Fall bedarf es dafür klarer Regeln und Strukturen. Für mehr Informationen zu diesem Thema lesen sie unseren vergangenen Artikel zu effektiven Meetings.
Die gute Nachricht: Jedes Unternehmen kann seine Kultur an allen relevanten Punkten jederzeit auf den Prüfstand stellen. Dabei gibt es kein richtig und kein falsch, es geht um die Analyse des Status quo und seine Auswirkungen auf die Potenziale des hybriden Arbeitens. Wie eigenverantwortlich sind Mitarbeiter: innen? Welchen Reifegrad hat die Führungskultur? Wie belastbar ist der 360-Grad-Rahmen, der sich aus Bricks (Arbeitsort), Bytes (Technologische Infrastruktur) und Behaviour (gemeinsames Verständnis der Zusammenarbeit) zusammensetzt?
Dieser Rahmen eröffnet einerseits die Freiräume für das hybride Arbeiten, gleichzeitig bietet er den Halt, auf den Menschen in Organisationen angewiesen sind.
Der “Bricks-Bytes-Behaviour-Check"
Gefragt ist eine ganzheitliche Betrachtung der Einflussparameter innerhalb der Organisation, eine Herausforderung, die es sich anzugehen lohnt. Denn jetzt ist der Zeitpunkt, die Arbeitswelt neu zu denken, die erzwungenen Neuerungen in gewollte, in gewünschte Bahnen zu lenken, die eigene Organisation zu hinterfragen, Mitarbeiter: innen zu involvieren und das Büro zu einem Sehnsuchtsort zu machen. Auch und gerade in Zeiten des hybriden Arbeitens.
Vor diesem Hintergrund haben wir bei combine einen Starter-Check entwickelt, ein erster Aufschlag, um die Ausgangslage durch einen Einblick in die individuelle Wahrnehmung von Raum und Kultur im IST-Zustand der Organisation zu erfassen. Wir unterstützen unsere Kunden mit diesem Baustein, ihre unternehmerische Gesamtverantwortung im Hinblick auf die Autonomie der Mitarbeitenden einzuordnen und zu bewerten.