Change-Workshop

Change und New Work: Warum räumliche Veränderung allein nicht reicht

Es gilt: Zuerst die Zusammenarbeit verstehen, dann den Raum planen. Wer die Zukunft der Arbeit in seiner Organisation aktiv gestalten möchte, muss bereit sein, die eigenen Strukturen zu hinterfragen.

Unsere Change-Expert:innen Sandra Gerber, Senior Managerin, und Manuel Stabenow, Head of Change Management, werfen einen kritischen Blick auf das Thema. 

Die besten Ergebnisse erzielen Mitarbeiter:innen in einer Umgebung, die ihnen das Arbeiten erleichtert und die auf die Anforderungen des jeweiligen Berufsfeldes angepasst ist. Klingt selbstverständlich, ist es in der Praxis aber selten. In vielen Unternehmen erleben wir aktuell einen großen Drang zur räumlichen Veränderung: Büros sind ein Kostenfaktor in Unternehmen und haben seit der Pandemie durch erhöhte Mobilarbeit oft geringe Auslastungszahlen. Daher wird aktuell gerne die Flächenkonsolidierung mit der Modernisierung von alten Büroräumen verknüpft, um die Effizienz zweifach zu erhöhen.

Einerseits für eine bessere Flächenauslastung, andererseits um die Arbeitsorganisation im Sinne des Schlagworts „New Work“ zu erneuern. Doch zwischen Ziel und Zielerreichung liegt ein steiniger Weg – und auf diesem Weg entscheidet sich, ob eine Transformation gelingt oder verpufft.

Hybrides Arbeiten – ein echter Bruch mit alten Routinen?

SANDRA

Seit der Pandemie hat sich hybrides Arbeiten als neue Normalität etabliert. Mobilarbeit ist nicht mehr die Ausnahme, sondern ein fester Bestandteil von Betriebsvereinbarungen und in der Arbeitsorganisation. Das spiegelt sich auch in den Arbeitsflächen wider, die in einer regelrechten Modernisierungswelle immer weiter an die neue Realität der Arbeitsorganisation und Zusammenarbeit in Unternehmen angepasst werden. Desksharing, Kooperationsflächen, kleine buchbare Rückzugsräume zur Einzel- oder Gruppenarbeit haben in vielen Büros hierzulande bereits Einzug gehalten. Gleichzeitig weisen die Menschen in diesen Büros oft noch dieselben Arbeitsmuster wie vor zehn oder 15 Jahren auf. Sie haben sich jahrelang eingelebt und verbinden die Büroarbeit mit ihren Meetingräumen, festen Arbeitsplätzen und dem Chef nebenan im Einzelbüro. Die Infrastruktur mag sich ändern, die altbekannten Gewohnheiten bleiben jedoch auch in neuer Umgebung erstaunlich stabil.

Genau dieser Punkt ist kritisch: Wenn ein Unternehmen von seinen Mitarbeitenden erwartet, anders zu arbeiten, muss sich auch die Art und Weise verändern, wie Zusammenarbeit gedacht und vorgelebt wird. Eine reine Modernisierung der Büroflächen oder ein Zurückordern der Mitarbeiter:innen durch verpflichtende Präsenztage reichen hier nicht. Ohne einen grundlegenden, kulturellen Wandel anzustoßen, bleiben die schönen neuen Fläche eine leere Kulisse.

Der Irrtum „Neues Büro = neue Arbeitsweise“

In vielen Projekten sehen wir, dass Unternehmen ihre Büros modernisieren, um eine „moderne Arbeitsweise“ zu unterstützen. Zugleich wird aber an alten Führungs- und Verhaltensweisen, wie z. B. den bisherigen Meetinggewohnheiten, festgehalten. Obwohl Räume offener, vielfältiger und technisch besser ausgestattet sind, werden ihre Potenziale nicht genutzt, da wie bisher der große, klassische Besprechungsraum für das Regelmeeting gebucht wird. Nur weil neue Arbeitsmöglichkeiten im Büro entstanden sind, bedeutet das nicht, dass diese automatisch genutzt werden.

Diese Inkonsistenz ist nicht nur teuer, sie verhindert auch, dass Potenziale gehoben werden. Eine offene Fläche ohne offene Kultur führt zum Beispiel nicht automatisch zu mehr Austausch – im Gegenteil: Sie kann Konflikte verstärken und Frustration fördern, wenn die Rahmenbedingungen nicht klar sind.

 

MANUEL

Manuel Stabenow

Orientierung statt Trendjagd

Viele Unternehmen fühlen sich unter Druck gesetzt, im Wettbewerb um neue und insbesondere jüngere Mitarbeiter:innen, eine moderne Arbeitsumgebung vorweisen zu müssen. Agiles Arbeiten, Desksharing, Collaboration Spaces, Creative Labs – wer nicht mitzieht, gilt schnell als rückständig. Doch die entscheidende Frage lautet: Was davon passt überhaupt zu uns als Unternehmen?

Hier scheitert es häufig schon an der Selbstanalyse. Es fehlt an einem klaren Verständnis dafür, wie das eigene Unternehmen heute arbeitet, welche Aufgaben auf andere Weise schneller gelöst werden könnten, wann Zusammenarbeit im Büro unersetzlich ist und welche Rolle spontane, physische Begegnung für die Wertschöpfung spielt. Ohne diese Analyse vergibt ein Unternehmen die Chance auf die aktive Gestaltung der Zusammenarbeit der Zukunft.

Vielmehr muss sich mit neuen Arbeitsflächen oft auch die Zusammenarbeitskultur in einem Unternehmen ändern. Und genau hier kann professionelles Change Management helfen.

Wann sollte Change Management involviert werden und wie läuft ein solcher Prozess ab?

Der größte Mehrwert entsteht, wenn Change Management von Anfang an mitgedacht wird – idealerweise schon in der Strategie- oder Konzeptionsphase. So lassen sich Veränderungsprozesse strukturiert aufsetzen, die richtigen Fragen stellen und der Prozess im Sinne der Unternehmensziele und -strategie ausgestalten. Frühzeitige Einbindung bedeutet auch, kulturelle Rahmenbedingungen und potenzielle Widerstände rechtzeitig zu antizipieren – und nicht erst dann zu reagieren, wenn sie sich im laufenden Projekt manifestiert haben.

Im Zentrum steht die gemeinsame Entwicklung von Zielen und die Festlegung von Rahmenbedingungen – insbesondere mit der Geschäftsleitung. Anders als früher, als die Unternehmensführung meist einen Plan vorgab und das Change Management lediglich dafür sorgen sollte, die Belegschaft „mitzunehmen“, erleben wir heute eine neue Offenheit:

Viele Geschäftsleitungen wissen selbst nicht genau, wie das Arbeiten der Zukunft für ihr Unternehmen aussehen soll. Das Change-Team moderiert den Prozess, dieses Zielbild gemeinsam mit der Geschäftsleitung und ggf. den verantwortlichen Fachabteilungen passgenau zu entwickeln.

Dieses wird dann mit den tatsächlichen Arbeitsrealitäten der Mitarbeitenden gespiegelt. Erst aus dem Abgleich zwischen Ist- und Soll-Zustand lässt sich anschließend ein tragfähiges Konzept entwickeln, dies geschieht bei combine Consulting u. a. im Schulterschluss mit den Fachexperten aus den Bereichen Workplace Strategy und Design.

Wie geht man mit Widerstand um?

Veränderungsprozesse sind jedoch nie friktionsfrei – Änderungsprozesse ohne Widerstand gibt es nicht. Wichtig ist: Widerstand sollte als normaler Teil des Prozesses verstanden werden und sichtbar sein. Wird er ignoriert oder kleingeredet, droht er im Hintergrund zu gären – mit negativen Folgen für Motivation und Umsetzung.

Erfolgreiches Change Management arbeitet nicht gegen den Widerstand, sondern mit ihm. Denn hinter jeder ablehnenden Haltung steckt eine Perspektive, die ernst genommen werden sollte. Oft reicht ein Perspektivwechsel, um zu erkennen, dass der Widerstand subjektiv sinnvoll begründet ist. Dann geht es darum, diesen Punkt entweder in die Weiterentwicklung des Konzepts zu integrieren oder Aufklärungsarbeit zu leisten, indem neue Perspektiven aufgezeigt werden, um im Dialog gemeinsame Lösungen zu finden.

Wie kann man Mitarbeitende gut in den Prozess einbinden?

Mitarbeitende sollten von Anfang an Teil des Prozesses werden. Sie wissen am besten, wie sie arbeiten und können durch Befragungen oder Gruppeninterviews wertvollen Input für die anfängliche Analyse geben. In der Umsetzung können sie in Workshops, Arbeitssessions und interaktiven Formaten gezielt in der Ausarbeitung ihres Arbeitsbereiches eingebunden werden. Somit wird der Wandel aktiv erlebbar, indem mehr als nur Prozesskommunikation geboten wird.

Bei combine Consulting haben wir dafür in einem unserer letzten Projekte – der Entwicklung einer neuen Zusammenarbeitskultur der Alexander von Humboldt Stiftung in Bonn – aus dem partizipativen Prozess eine Art „Logbuch“ entwickelt:  ein praxisnaher Kompass für das Arbeiten unter New-Work-Vorzeichen, mit dem wir die Mitarbeiter:innen über die Neuerungen und den Status quo der Umgestaltungsarbeiten informiert haben. Ergänzend dazu wurden Workhacks vorgestellt, Benefits der neuen Konzepte erklärt und konkrete Tipps zur Stärkung der neuen Zusammenarbeitskultur an die Hand gegeben. Solche Formate schaffen Orientierung und fördern eine positive Grundhaltung gegenüber Veränderung.

Change Management als Erfolgsfaktor

Pflanze

Der eigentliche Hebel zur erfolgreichen Nutzung der transformierten Flächen liegt also im Change Management, da damit erst die neue Form der Zusammenarbeit entwickelt werden kann. Nur wenn räumliche und kulturelle Transformation gemeinsam geplant und umgesetzt werden, entsteht aus der Veränderung ein nachhaltiger Erfolg für Unternehmen, Führungskräfte und Mitarbeitende.

Das bedeutet, bereits in der Strategiephase zu klären:

  • Welche Arbeitsweisen wollen und benötigen wir zukünftig / mit Blick auf die nächsten 5 – 10 Jahre?
  • Welche Führungskultur unterstützt diese Arbeitsweisen?
  • Welche Erwartungen haben wir an Präsenz, Zusammenarbeit und Kommunikation?
  • Wie werden diese Veränderungen transparent kommuniziert und gemeinsam erarbeitet?

Die Praxis zeigt: Kultur braucht Raum – Raum braucht Kultur

In unserem Arbeitsalltag erleben wir immer wieder: Der größte Mehrwert moderner Büros entsteht dann, wenn Raum und Kultur sich gegenseitig ergänzen und fördern. Jahrzehntelange Erfahrung in der Konzeption passender Arbeitsumgebungen hat uns gelehrt, dass jedes Unternehmen seine eigene Balance finden muss. Es gilt: Zuerst die Zusammenarbeit verstehen, dann den Raum planen.

Wer die Zukunft der Arbeit in seiner Organisation aktiv gestalten möchte, muss bereit sein, die eigenen Strukturen kritisch zu hinterfragen. Es reicht nicht, Möbel auszutauschen oder Wände zu versetzen. Es geht darum, bewusst zu entscheiden, wie künftig gearbeitet wird. Das Büro kann diesen Wandel sichtbar machen und unterstützen – aber es kann ihn nicht erzeugen.

Dieser Fachbeitrag ist am 7.10.2025 auf HR Performance erschienen.

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