FB4 Ausschnitt 1

Evaluation eines Multispace-Konzepts im öffentlichen Dienst

Im Juli 2023 wurden die neuen Büroflächen im Amt 4 der Hamburger Finanzbehörde (FB4)  einer umfangreichen Evaluation unterzogen – warum wurde dies veranlasst und wie kann man sich dieses Vorgehen vorstellen? 

Wir fragen Anja Buskamp, Referentin Change-Management und Gestaltung moderner Arbeitswelten beim FB4.

Auch Behörden und Ämter befinden sich strukturell und räumlich im Umbruch. Ergebnis ist zum Beispiel das neue Multispace-Konzept der FB4 in der Caffamacherreihe. Ein zukunftsweisendes Flächen- und Raumkonzept, das hohe Maßstäbe an Funktionalität und Flexibilität setzt und damit eine Pionier-Rolle in der Hamburger Verwaltung einnimmt.

Von den Verantwortlichen wurde daher schon während der Planungsphase eine spätere Evaluation der neuen Büroflächen avisiert, mit deren Umsetzung combine Mitte 2023 beauftragt wurde. 

Wir sind heute, gut ein Jahr nach Abschluss der Evaluation, neugierig, was seitdem passiert ist.

Liebe Anja Buskamp, seit gut 3 Jahren ist das Multispace-Konzept im Amt 4 der Hamburger Finanzbehörde eingeführt – wie lebt es sich in den neuen Räumen?

FB4_Anja Buskamp

 

 

 

Anja Buskamp: Sehr gut. Durch die Begegnung und den Austausch mit den Kolleg: innen ist das Wir-Gefühl gestiegen. Und damit verbunden die Motivation und auch die Lust, sich in den neuen Räumlichkeiten zu bewegen. 

Sie kommen aus einer klassischen „Behörden“-Zellenstruktur. Es war für manche Mitarbeitende sicher eine große Herausforderung, sich an offene Bürostrukturen und tätigkeitsbasierte Arbeitsweisen zu gewöhnen. Wie konnten Sie Ihre Kolleg: innen dabei unterstützen?

Wir, das heißt in diesem Fall die Leitung des Amtes, die Führungskräfte und das extra eingerichtete Change-Team, haben die Kolleg: innen bereits im Prozess der Flächenplanung und -ausgestaltung mit einbezogen, soweit es möglich war. Gemeinsam haben wir das Konzept “Urbane Stadt” gewählt. Im fortlaufenden Prozess haben die Kolleg: innen dann auch über die Art der Möblierung in den jeweiligen Arbeitsumgebungen und die Benennung der Besprechungsräume entschieden. Begleitet wurden wir durch ein Innenarchitekturbüro, das uns fortlaufend kreativen Input gegeben hat. Das war hilfreich, da diese architektonische Kompetenz in unseren eigenen Reihen nicht vorhanden war. 

Ein weiterer wichtiger Aspekt: In einem kollaborativen Prozess mit dem gesamten Amt haben wir “Spielregeln für die Zusammenarbeit im Multispace“ entwickelt und sie nach Einzug in die neue Arbeitsumgebung noch einmal verfeinert. Diese umfassen u.a. das Clean-Desk-Prinzip, den Umgang mit längeren Telefonaten im Open Space oder auch die Nutzung der wenigen Einzelzimmer. 

Entscheidend für die Akzeptanz des Multispaces waren und sind letztlich die Führungskräfte. Bei uns nehmen alle Führungskräfte am Desksharing teil, sie haben keine individuell zugeordneten (Einzel-)Zimmer. Ein weiterer wichtiger Punkt: Im Laufe des gesamten Prozesses hatten wir stets die Menschen mit ihren individuellen Bedürfnissen im Blick. So haben wir in Workshops mit Mitarbeitenden und Führungskräften ein gemeinsames Verständnis von “Führung und Zusammenarbeit auf Augenhöhe“ erarbeitet und regelmäßige Feedbackformate institutionalisiert, in denen wir mit allen Kolleg: innen ins Gespräch kommen. Kritische Rückmeldungen, ob zur Flächenausgestaltung, zur Technik oder zur Zusammenarbeit, wurden ernst genommen und haben an der einen oder anderen Stelle zu Nachbesserungen geführt.  

Das zeigt Wirkung: Nach dem Umzug in die multifunktionalen Räumlichkeiten hat sich in unserem Amt eine sogenannte Wir4you-Gruppe gebildet. In der Gruppe engagieren sich Freiwillige aller Abteilungen, deren Anliegen es ist, für das Amt konkrete Verbesserungen anzustoßen. 

Was würden Sie anderen Behörden raten, die ähnliche Umstrukturierungen planen? Wie schafft man eine Offenheit für Veränderungen?

FB4 Besprecher

Ich würde den Behörden raten, zunächst auf Führungsebene eine Vision für die Flächengestaltung und Zusammenarbeit zu entwickeln und daraus dann konkrete Leitplanken abzuleiten. So schaffe ich für die Organisation einen verbindlichen Rahmen, in dem Mitgestaltung erfolgen kann. 

Im nächsten Schritt ist es wichtig, dass die Führungskräfte sich den Bedürfnissen und Wünschen, aber auch den Sorgen und Ängsten der Betroffenen widmen.

Die Möglichkeit, die neue Arbeitswelt mitzugestalten und gemeinsam Lösungen zu erarbeiten, trägt ebenfalls zu höherer Akzeptanz bei. 

Außerdem ist es sinnvoll, den Veränderungsprozess durch ein Change-Team begleiten zu lassen. Im besten Fall habe ich die Change-Kompetenz bereits in meiner Organisation und kann das Team aus internen Mitarbeitenden rekrutieren. Ganz wichtig ist es, dass die Führungskräfte angesichts ihrer Vorbildfunktion ihre eigene Einstellung zur Veränderung fortlaufend selbst reflektieren. Erfahrungsgemäß verläuft der Veränderungsprozess nur dann erfolgreich, wenn dieser von der Mehrheit der Führungskräfte akzeptiert und vor allem auch vorangetrieben wird.  

Im Juli 2023 wurden die neuen Büroflächen einer umfangreichen Evaluation unterzogen – warum war Ihnen das wichtig und wie kann man sich dieses Vorgehen vorstellen?

FB4 Multispace

Die Evaluation bestand aus einer Online-Mitarbeitendenbefragung und einem anschließenden Workshop in Präsenz. Das hatten wir unseren Stakeholdern bereits in der Planungsphase versprochen. Wir betrachten unser Amt als lernende Organisation, daher war es uns besonders gegenüber unseren Beschäftigten wichtig, Stärken und Optimierungspotenziale der Räumlichkeiten und der Zusammenarbeit zu ermitteln und anschließend Verbesserungsmaßnahmen zu erarbeiten und umzusetzen. 

Außerdem sind wir die erste Organisationseinheit innerhalb der FHH, die ein Multispace-Konzept eingeführt hat. Wir sind also Pilotprojekt und haben eine Vorbildfunktion.

Die Ergebnisse waren sehr positiv – trotzdem haben sich Handlungsempfehlungen ergeben, die sich auch durch die Erfahrungen in Folge der Corona-Pandemie entwickelt hatten. Welche Empfehlungen wurden im Zuge und Nachgang der Evaluation in Angriff genommen, was können sie über den aktuellen Stand der Entwicklung sagen? Und wie werden diese Veränderungen von Ihren Kolleginnen und Kollegen angenommen?

FB4_Sofa

Ja, die Ergebnisse waren insgesamt sehr positiv. Ich gehe auf die Handlungsempfehlungen von combine, und wie wir ihnen gefolgt sind, am besten entlang der drei Dimensionen ein:

 

Bytes:  

Wir haben die Fläche damals vor Corona geplant. Die Coronazeit hat uns allen verdeutlicht, wie wichtig es ist, die Kolleg: innen im Home-Office und vor Ort gleichermaßen in Besprechungen einbinden zu können. Dementsprechend sind wir dem Wunsch der Beschäftigten nachgegangen und haben einige Besprechungsräume mit besserer hybrider Besprechungstechnik nachgerüstet.  

 

Bricks und Behavior: 

Die Evaluationsergebnisse haben uns verdeutlicht, dass wir den Fokus, die Lage und die Ausgestaltung einiger Raummodule verändern müssen, um die Raumnutzung und die (Zusammen-)Arbeit im Amt insgesamt zu verbessern. Wir haben das Modul „Bibliothek“ durch Pflanzen, mehr gemütliche Sitzgelegenheiten und ein Sofa zu einem Ort der Entspannung umgewandelt. Oft wird der Raum aber auch für Besprechungen genutzt, die nun in einer entspannteren Atmosphäre stattfinden. 

 

Auch dem Wunsch der Beschäftigten nach mehr Aktivität sind wir nachgekommen: Wir haben den Projektraum umgezogen, ihn mit zusätzlichen Projekt-Tools ausgestattet und die freigewordene Fläche mit Bildschirmen, Schreibtischen, einem Fahrrad, einem Laufband, Sitzbällen und Balance Boards bestückt. Dort verbinden unsere Beschäftigten ihre Termine und Besprechungen mit körperlicher Aktivität und leisten so einen Beitrag für die eigene Gesundheit.  

 

Die Möglichkeit, aktiv zu sein, ist jetzt auch in einem weiteren Besprechungsraum gegeben. Diesen haben wir mit einem Tisch ausgestattet, der im Bedarfsfall zur Tischtennisplatte umgewandelt werden kann. Dieser Raum ist sehr beliebt und wird auch für die abteilungsübergreifende Vernetzung stark genutzt. 

Der FB4-Multispace hat eine Pionier-Rolle in der Hamburger Verwaltung eingenommen, sein zukunftsweisendes Flächen- und Raumkonzept sollte anderen Ämtern zum Vorbild werden. Wurden Sie von anderen Abteilungen/Ämtern bereits um einen Erfahrungsaustausch gebeten? Bzw. wurde das neue Bürokonzept bereits von anderen Behörden umgesetzt?

Tür Besprecher

Meine Kolleg: innen und ich beraten die anderen Behörden und Ämter der FHH seit einigen Jahren individuell zur Gestaltung von modernen Arbeitswelten und haben ein regelmäßiges Netzwerktreffen initiiert. Aus der Beratungspraxis und der Netzwerkarbeit wussten wir, dass viele Behörden und Ämter ähnliche Flächenkonzepte planen. Daher bestand FHH-weit ein großes Interesse an den Evaluationsergebnissen. 

Bildrechte: Karsten Knocke / FB4

Herzlichen Dank für das Gespräch!

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